Calisthenics: Was ist das eigentlich?

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Calisthenics ist ein intensives Eigengewichtstraining, das mithilfe von Barren, Stangen und anderen Trainingsgeräten ausgeführt wird. Ursprünglich aus den USA stammend erfreut sich der Fitnesstrend seit einigen Jahren auch im deutschsprachigen Raum großer Beliebtheit.
Was genau Calisthenics bedeutet, was es bringt, welche Übungen es gibt und alles weitere über das fordernde Training, erfahrt ihr hier!

Definition: Was ist Calisthenics?

Calisthenics ist ein intensives körperliches Training in der Öffentlichkeit, bei dem in der Regel mit dem eigenen Körpergewicht trainiert wird. Zusatzgewichte und Geräte oder Maschinen wie beim klassischen Krafttraining im Fitnessstudio werden in der Regel nicht benötigt.
Der Begriff Calisthenics bedeutet wörtlich ins Deutsche übersetzt Gymnastik. Doch mit herkömmlicher Gymnastik hat das Eigengewichtstraining wenig zu tun, denn hier ist nicht der englische Begriff gemeint, sondern der Altgriechische. Hier bedeutet Calisthenics sinngemäß „schöne Kraft“. Synonym wird auch der Ausdruck Streetworkout verwendet.
Mit der steigenden Anhängerzahl des Calisthenics hat sich der ursprüngliche Sport zu einem ganzen Lifestyle entwickelt.

Die Wurzeln des Calisthenics-Trainings

Wie der sinngemäße Begriff stammt auch das klassische Eigengewichtstraining aus dem alten Griechenland. Die grundsätzliche Idee, mit nichts weiter als dem eigenen Körper zu trainieren, ist also alles andere als neu. Sie geriet nur in Vergessenheit – bis sie zu Beginn des 21. Jahrhunderts in New York wiederentdeckt wurde. Ziel war es, gerade in Problemvierteln die Jugendlichen von den Straßen zu holen, hierher stammt auch der Zweitname Streetworkout. Seitdem haben die sogenannten Body Weight Exercises, kurz BWEs, eine große Wandlung durchlaufen: Klassisches Eigengewichtstraining wird mit Elementen aus anderen Sportarten wie Breakdance, Parkour und Turnen kombiniert. Tausende von Sportlern folgten und folgen dem Trend weg von Fitnessstudios und hin zu den dort ansässigen Sportparks. Die neue, moderne Form des Body Weight Trainings, das Calisthenics Training, war geboren.

Was bringt Calisthenics?

Calisthenics zählt zu den Ganzkörperworkouts, nahezu ohne Isolationsübungen, und beansprucht so sämtliche Muskeln im Körper, vor allem aber den Schultergürtel. In erster Linie zielt das Training auf Muskel- und Kraftaufbau durch die Optimierung natürlicher Bewegungsabläufe. Dadurch wird die Muskelkraft, Körperkontrolle und Beweglichkeit gefördert. Optische Aspekte und eine athletische Figur sind nur ein positiver Nebeneffekt des Ganzkörpertrainings.
Die Calisthenics Bewegungen sind sehr komplex und fördern das Zusammenspiel aller Muskeln, keine Muskelgruppe wird vergessen. So wird nicht nur eine solide Basis an Kraftausdauer aufgebaut, sondern es werden auch Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Muskelpartien ausgeglichen. Dadurch haben muskuläre Dysbalancen, die häufig für Schmerzen und eingeschränkte Bewegungs- und Trainingsfreiheit sorgen, keine Chance.
Wie bereits erwähnt ist ein Split-Training mit isolierten Übungen nicht oder nur kaum mit Calisthenics zu vereinbaren: Da mit dem eigenen Körpergewicht gearbeitet wird, arbeiten immer mehrere Muskeln und wenn es „nur“ zu Stabilisation ist. Durch das Fehlen von zusätzlichen Gewichten ist Calisthenics für Verletzungen weniger anfällig als das klassische Bodybuilding mit schweren Hanteln.
Letztlich verbraucht das intensive Training durch die Beanspruchung vieler Muskeln gleichzeitig viele Kalorien und fördert einen hohen Nachbrenneffekt.

Für wen ist das Calisthenics-Training geeignet?

Calisthenics-Training eignet sich prinzipiell für jeden: Egal, ob unsportlich oder von oben bis unten durchtrainiert – jeder kann mitmachen, denn die Übungen können individuell auf das jeweilige Kraftniveau angepasst werden. Während Anfänger mit leichteren Varianten starten, um zunächst eine Kraftbasis aufzubauen und die Bewegungen zu lernen, können fortgeschrittene Athleten die Belastung nach und nach steigern. Dazu kann der Hebelarm oder die Griffweite verändert werden, die Wiederholungs- oder Satzzahl erhöht, Pausenzeiten verkürzt oder schwerere Übungs-Varianten ausgeführt werden, beispielsweise einarmige Klimmzüge anstelle von normalen Pull Ups.
Zusatzgewichte werden in der Regel nicht verwendet, Profis können aber mit Gewichtswesten oder umgeschnallten Gewichten die Belastung erhöhen.
Calisthenics bietet also sämtliche Freiheiten und ermöglicht für jedes Fitnessniveau den Ausbau eines eigenen Stils.

Wie oft sollte man trainieren?

Calisthenics ist zwar ein sehr abwechslungsreiches Training, dennoch sollten ausreichend Regenerationsphasen zwischen den einzelnen Workouts liegen. Denn als Ganzkörpertraining werden bei jeder Einheit eben auch immer alle Muskeln belastet. Damit sich der Körper regenerieren kann und die Muskeln wachsen, brauchen Letztere Ruhe, im besten Fall rund 48 Stunden. Wenn zu früh wieder trainiert wird, kommt es nicht zur Superkompensation, die Muskeln wachsen nicht, im schlechtesten Fall kommt es gar zum Muskelabbau.
Eine pauschale Aussage, wie oft man Calisthenics durchziehen sollte, ist kaum möglich, da dies von vielen individuellen Faktoren wie Trainingszustand, -ziel, Lifestyle und Ernährung abhängt. Als Faustregel gilt aber: Drei bis vier Calisthenics-Einheiten pro Woche sind perfekt, um bestmögliche Resultate zu erzielen.

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Welche Calisthenics-Übungen gibt es?

Es gibt unzählige Calisthenics-Übungen in den verschiedensten Schwierigkeitsstufen. Die folgenden fünf Übungen zählen zu den Basisübungen und sollten in keinem Calisthenics-Trainingsplan fehlen:

  • Liegestütz (Push-Ups)
  • Klimmzüge (Pull-Ups)
  • Dips
  • Kniebeuge (Squats)
  • Beinheben

Ziel dieser Basisübungen sind letztlich die Königsdisziplinen des Calisthenics: Human Flag, Front Lever, Handstand Push-Ups und Muscle Ups.

Wichtig für die Leistungssteigerung und Effektivität des Calisthenics-Trainings: Die richtige Ausführung. Nur wenn die Übungen mit vollem Bewegungsradius ausgeführt werden, ist das Training wirksam. Auch wenn insbesondere Anfänger zunächst nur wenige Wiederholungen schaffen – saubere und kontrollierte Bewegungen sind extrem wichtig.
Nicht nur, um die eigenen Ziele zu erreichen, sondern auch, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.
Einen genauen Calisthenics-Trainingsplan für Anfänger und Fortgeschrittene findet ihr hier bei den Calisthenics Übungen.

Welches Equipment braucht man für Calisthenics?

Calisthenics funktioniert an sich immer und überall, da außer dem eigenen Körper kein zusätzliches Equipment benötigt wird. Dennoch gibt es einige hilfreiche Geräte oder hilfreiches Equipment, um gewisse Reize setzen zu können.
Hier sind 9 sinnvolle Tipps für die Ausstattung beim Streetworkout:

  • Klimmzugstange
  • Parallelbarren
  • Sprossenwand
  • Monkey Bar
  • Handschuhe (oder Magnesia)
  • Turnringe
  • Zusatzgewichte/Gewichtsweste
  • Widerstandsband

Wozu dieses Calisthenics-Equipment dient und worauf man beim Kauf achten muss, erfahrt ihr hier: Calisthenics-Geräte.

Wo kann man Calisthenics machen?

Calisthenics kann man prinzipiell überall trainieren. Während im deutschsprachigen Raum erst nach und nach speziell hierfür vorgesehene Parks eingeführt werden, sind uns die Amis weit voraus: Hier gibt es quasi an jeder Ecke richtige Outdoor-Calisthenics Parks. Denn das ist der ursprüngliche Gedanke: Draußen an der frischen Luft trainieren, ganz egal, bei welchem Wetter und welchen Temperaturen. In solchen Calisthenics Parks gibt es Klimmzugstangen, Barren und alles sonst, was man für das Calisthenics-Training braucht. Und das Beste: Der Zugang zu den Workoutparks ist völlig kostenfrei und für jeden zugängig. Aber auch auf Parkplätzen, in öffentlichen Stadtparks, Wohnvierteln oder auf Spielplätzen treffen sich amerikanische Calisthenics-Anhänger. Laternenpfahle, Parkbänke, dicke Baumäste, Leitern, Reckstangen und andere Alltagsgegenstände werden dann als Equipment herangezogen.
In Deutschland gibt es weit weniger Outdoor-Parks, hier werden vor allem Turnhallen oder Spielpätze genutzt und Turnrecks, Klettergerüste, Sprossenwände und Co. fürs Workout umfunktioniert.
Eine Übersicht über deutsche Calisthenics Parks findet ihr unter calisthenics-parks.com.

Vorteile von Calisthenics

Calisthenics bietet viele Vorteile für die körperliche Fitness, Form und Gesundheit:

  • Calisthenics ist immer und überall möglich
  • Für Anfänger und Fortgeschrittene: Dadurch, dass die Calisthenics-Übungen in ihrem Schwierigkeitsgrad variabel sind, ist das Training für jedes Fitnesslevel geeignet.
  • Keine Kosten für eine Mitgliedschaft oder Ausrüstung
  • Geringes Verletzungsrisiko
  • Ausgleich von muskulären Dysbalancen und somit vorbeugen von Schmerzen und Verspannungen
  • Muskelaufbau und ein hoher Kalorienverbrauch während des Trainings sowie ein hoher Nachbrenneffekt sorgen für eine athletische, schlanke Figur
  • Vielseitiges Training: Gleichgewichtssinn, Koordinationsfähigkeiten und Beweglichkeit werden gleichzeitig gefördert
  • Ausgleich zum (Arbeits-)Alltag: Das sehr fordernde, anstrengende Calisthenics-Training bietet verstärkt die Möglichkeit, sich abzureagieren und negative Gefühle sowie Stress abzubauen
  • Erlernen von Disziplin und Ehrgeiz: Da es in der Regel keine kostenpflichtige Mitgliedschaft im Studio oder feste Trainingszeiten gibt, erfordert das regelmäßige und intensive Calisthenics-Training viel Disziplin und Willenskraft. Hoch gesteckte Trainingsziele wie beispielsweise die Human Flag zu schaffen, weckt den Ehrgeiz und das Durchhaltevermögen. Das wirkt sich auch auf andere Lebensbereiche positiv aus.
  • Sozialer Faktor: Niemand wird aus dem Calisthenics Movement ausgeschlossen, die Trainingsstätten sind für jeden frei zugänglich. Dadurch kommt man mit vielen anderen Sportlern in Kontakt, die man auf anderem Wege vielleicht nicht kennenlernen würde. Die gegenseitige Motivation und das gemeinsame Trainieren von Athleten mit verschiedenem sportlichen Niveau fördern die Sozialkompetenzen.
  • Intensives Stabilisationstraining: Vor allem die Rumpfmuskulatur sowie der Schultergürtel müssen mehr oder weniger bei jeder Calisthenics-Übung unterstützend einspringen.
  • Training an der frischen Luft: Insbesondere in den dunklen Monaten wird durch das Outdoor-Workout die Produktion des Sonnenvitamins Vitamin D sichergestellt.

Nachteile von Calisthenics

Beim Calisthenics oder Streetworkout überwiegen klar die Vorteile, jedoch gibt es auch einige Nachteile des Eigengewichtstrainings:

  • Kein tägliches Training: Da Calisthenics ein Ganzkörperworkout ist, ist von täglichen Trainingseinheiten abzuraten, da die Muskeln ausreichend Zeit zur Regeneration benötigen.
  • Hohe Anforderung an Koordination, Kraft, Ausdauer, Gleichgewicht und Beweglichkeit: Calisthenics ist ein sehr intensives Training. Besonders für Einsteiger sind anfangs häufig nur wenige Wiederholungen oder vereinfachte Übungsformen möglich. Das kann demotivierend wirken.
  • Kaum Regeln: Obwohl es durchaus positiv sein kann, dass Calisthenics viele Freiheiten bietet, können sich gerade Anfänger überfordert und verwirrt fühlen.
  • Kein Split-Training möglich: Gezieltes Formen und Aufbauen einzelner Muskeln wie beim Bodybuilding ist mit Calisthenics nicht bzw. kaum möglich.
  • Faktor Wetter: Die ursprüngliche Calisthenics-Form ist das Outdoor-Training, ganz gleich bei welchem Wetter. Bei großer Hitze, starkem Regen oder Dunkelheit im Winter kann das Workout daher nur eingeschränkt möglich sein.

Bekannte Calisthenics-Vertreter in New York und Deutschland

Der wohl weltweit bekannteste Calisthenics-Vertreter ist der ebenfalls aus New York stammende Hannibal for King. Bereits seit Jahren inspiriert die Streetworkout-Ikone Millionen Menschen auf der ganzen Welt mit seinen YouTube-Videos.
Zu den einflussreichsten Calisthenics-Gruppen zählen die New Yorker Bar-Barians, Bartendaz und Bar-Starzz. Sie waren die ersten, die die Straßen zu ihrem Trainingsplatz erklärt haben. Die Namen weisen auf die Fitnessgeräte wie Klimmzugstangen hin („bars“ bedeutet übersetzt „Stangen“), an denen sie überwiegend trainieren. In Deutschland ist die Calisthenics-Szene kleiner, dennoch gibt es einige Größen wie Dennis Ratano. Während seiner Zeit in New York kam er mit der Szene in Kontakt und setzte sich dafür ein, den Sport in Deutschland bekannter zu machen. So gründete er beispielsweise die berühmteste Calisthenics-Gruppe hierzulande, die Baristi.
2013 organisierte Dennis Ratano das erste offizielle Streetworkout-Event in Deutschland. Zudem war er bereits mehrfach mit einem Calisthenics-Stand auf der weltgrößten Fitness-Messe, der FIBO, präsent, um den Sport einem breiten, internationalen Publikum vorzustellen.

Calisthenics-Weltmeisterschaft: Der Street Workout World Cup

Die erste Calisthenics-Weltmeisterschaft fand 2011 in Riga statt. Ausrichter war und ist bis heute die WSWCF (World Street Workout and Calisthenics Federation). Seitdem findet die World Cup Serie einmal jährlich weltweit statt, zuletzt 2017 in Guadeloupe Island.
Anders als bei den meisten sportlichen Wettkämpfen geht es bei Calisthenics weniger um die technischen Elemente, sondern viel mehr um den Unterhaltungswert für die Zuschauer. Es gibt kaum Regeln, stattdessen viel Show mit spektakulären Moves voller Athletik, Kraft und Explosivität. Besonders in den letzten Jahren dominieren Russen und Ukrainer die Szene.

Exkurs: Calisthenics Movement und Calisthenics-Ernährung

Wie bereits erwähnt, zählt zum Calisthenics Movement viel mehr als nur das reine Training, es steckt eine ganze Philosophie, ein ganzer Lifestyle dahinter. Vor allem die soziale Komponente und das Zusammengehörigkeitsgefühl sind ein wichtiger Faktor der Bewegung. „Bad-Boys“ und Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten werden oft neuer Lebensmut und neue Zukunftsperspektiven vermittelt, der Sport und die Gemeinschaft sollen ihre Persönlichkeit positiv prägen und Werte wie Teamgeist, Disziplin, Einsatz, Ehrgeiz und Hilfsbereitschaft vermitteln. Außerdem achten Calisthenics-Athleten auch auf ihre Ernährung. Obwohl man nicht von der einen Calisthenics-Ernährung sprechen kann, sind besonders Formen der Low Carb Diät sowie die Paleo Diät beliebt.

Fazit: Trendsport Calisthenics

Calisthenics ist ein intensives, forderndes Ganzkörpertraining, bei dem überwiegend mit dem eigenen Körpergewicht und ohne Geräte oder Zusatzgewicht trainiert wird. Obwohl der Trendsport keineswegs neu ist, hat er sich ab dem 21. Jahrhundert von den USA weltweit ausgebreitet. Der Calisthenics-Erfolg ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das Training jederzeit und überall möglich ist, eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio oder besonderes Equipment wird nicht benötigt. Entweder kann in einem in der Regel kostenfreien Calisthenics Park an Klimmzugstangen, Barren und anderen speziellen Vorrichtungen trainiert werden, oder es werden übliche Alltagsgegenstände wie Recks auf Spielplätzen oder Sitzbänke in Parks zu Trainingszwecken umfunktioniert.
Hinter Calisthenics steckt viel mehr als lediglich der Sport an sich, es ist ein ganzes Lebensgefühl. Insbesondere der Teamgeist spielt für Calisthenics-Anhänger eine enorm wichtige Rolle.
Während der Trendsport in den USA schon seit Jahren fest etabliert ist, gewinnt Calisthenics in Deutschland vor allem in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung, nicht zuletzt dank einzelner Größen wie der New Yorker Calisthenics-YouTuber Hannibal for King oder der Deutsche Dennis Ratano.

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