Besonders in den letzten Jahren haben sie Fett als Dickmacher abgelöst: Kohlenhydrate. Leider steckt in fast jedem Lebensmittel zumindest ein geringer Anteil an ihnen – ein vollständiger Verzicht ist also nicht möglich. Zum Glück! Denn Kohlenhydrate sind nicht per se schlecht – im Gegenteil, für eure Gesundheit und optimale Erfolge beim Abnehmen und Muskelaufbau braucht ihr sie sogar!
Im Grunde sind Kohlenhydrate Zucker – um’s ganz einfach zu sagen. Neben Fett und Eiweiß bilden sie den dritten Makronährstoff. Kohlenhydrate sind aus Zuckermolekülen aufgebaut, deren Anzahl über ihre Klassifikation entscheidet:
Der Unterschied zwischen den einzelnen Kohlenhydratgruppen liegt in ihrer Verwertbarkeit für den Körper: Je weniger Zuckermoleküle, desto einfacher kann der Körper sie aufspalten und nutzen. Bedeutet: Einfach- und Zweifachzucker sind ratzfatz aufgespalten und gehen in den Blutkreislauf über, euer Blutzucker steigt rapide an. Um ihn wieder zu senken, produziert eure Bauchspeicheldrüse nun das Hormon Insulin, das die Zuckermolekühle dahin transportiert, wo sie als Energielieferanten gebraucht werden. Sie liefern also blitzschnell Energie, sind aber auch schnell wieder verbraucht und können euren Blutzuckerspiegel Achterbahn fahren lassen. Bei Mehrfachzuckern sieht das Ganze ein wenig anders aus: Um sie aufzuspalten, muss der Körper mehr Energie aufbringen und braucht länger dafür. Die Zuckermoleküle werden step by step ins Blut abgegeben, weshalb ihr zwar langsamer, dafür aber gleichmäßiger und länger Energie zur Verfügung gestellt bekommt. Infolgedessen muss euer Körper nicht so viel Insulin ausschütten – sehr gut für eine längere Sättigung und gesteigerte Fettverbrennung. Wusstet ihr, dass ein langsamer Stoffwechsel mit einem guten Frühstück aus Eiweiß und Mehrfachzuckern wieder gepusht werden kann?
Wie stark der Insulinanstieg nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit ist, gibt der sogenannte Glykämische Index (GI) an. Referenzwert ist Traubenzucker mit einem GI von 100 – geht also ratzfatz ins Blut!
Kohlenhydrate sind die wichtigsten Energielieferanten für unseren Körper. Besonders für Sportler sind sie unverzichtbar, denn sie liefern von allen Makros am schnellsten Power fürs Workout und sorgen dafür, dass die Muskelfunktion reibungslos abläuft.
Und ob ihr’s glaubt oder nicht, sie pushen sogar den Muskelaufbau: Wenn ihr nach dem Workout zuschlagt, bestenfalls innerhalb der ersten Stunde, kann euer Körper die Kohlenhydrate optimal in die Muskelzellen schleusen und für eine schnellere Regeneration sorgen. Und Regeneration = Muskelaufbau! Aber noch viel wichtiger: Das Gehirn zieht seine Energie fast ausschließlich aus Kohlenhydraten! Zudem regulieren Carbs euren Fettstoffwechsel sowie den Wasser- und Elektrolythaushalt. Tatsächlich braucht ihr also auch fürs Abnehmen Kohlenhydrate! Nicht zu vergessen: Kohlenhydratreiche Lebensmittel liefern euch Ballaststoffe, die in einer gesunden Ernährung auf keinen Fall fehlen dürfen!
Kohlenhydrate sind also wichtig für den Körper – aber woran erkennt ihr einen Mangel? Hier sind die häufigsten Symptome:
Wie viele Carbs letztlich auf eurem Speiseplan landen, hängt neben individuellen Faktoren wie Größe, Gewicht und Genetik vor allem von eurem Ziel und eurem Sportpensum ab. Als Faustregel könnt ihr euch merken: Je mehr ihr euch bewegt, desto mehr Kohlenhydrate dürfen’s sein. Wer abnehmen will, kann die Menge etwas einschränken und vor allem abends Carb-Bomben meiden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, täglich 50-55 % der Energie aus Kohlenhydraten zu ziehen – das sind etwa 5-6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Viel wichtiger als die Quantität ist aber die Qualität – dazu später mehr!
Wenn Kohlenhydrate doch so wichtig für uns sind – woher stammt dann ihr mieser Ruf? Und wieso boomen jegliche Formen der Low Carb Diät so krass, in denen Lebensmittel mit hohem Kohlenhydratanteil stark reduziert werden? Ganz einfach: Carbs sind zwar top als schnelle Energiequelle, weniger aber als Energiereserve. Euer Körper kann sie nur begrenzt in seinen beiden Glykogenspeichern Leber und Muskeln sichern.
Wenn ihr nun mehr Kohlenhydrate über Lebensmittel zuführt, als ihr in diesem Moment für die Energiebereitstellung benötigt, speichert der Körper sie zunächst zwar als Reserve, aber die Speicher sind schnell voll. Und dann sind die Fettzellen an der Reihe. Und die können theoeretisch bis ins Unendliche wachsen, also unendlich viele Zuckermoleküle aufnehmen. Weiteres Imagefail ist Insulin – das ist ein lebenswichtiges Hormon, das nach dem Verzehr von Kohlenhydraten ausgeschüttet wird, leider aber die Fettverbrennung hemmt. Je mehr Insulin ausgeschüttet wird, desto schneller bekommt ihr übrigens auch wieder Hunger – wenn viele Einfach- und Zweifachzucker aus hellen Weizenprodukten (Nudeln, Brot, Gebäck, ..), Süßigkeiten und Co. auf eurem Speiseplan stehen, sind Heißhungerattacken quasi vorprogrammiert. Besser: Achtet auf sogenannte komplexe Kohlenhydrate – Vollkornprodukte, Obst, Gemüse und Kartoffeln sind eine top Wahl! Sie lassen euren Blutzuckerspiegel nicht nur viel langsamer ansteigen, sondern halten zusätzlich durch die vielen enthaltenen Ballaststoffe satt. Die quellen nämlich im Magen auf und sorgen so ganz ohne Kalorien für ein längeres Sättigungsgefühl.
Aber: Wie immer ist die Gesamtbilanz letzlich ausschlaggebend für eine Gewichtsab- oder -zunahme. Denn wer mehr isst, als er verbraucht, nimmt zu, wer weniger isst, nimmt ab. Easy.
Mein Tipp daher: Achtet nicht nur auf den Kohlenhydratgehalt einzelner Lebensmittel, sondern auch auf die Kalorien – Käse zum Beispiel enthält fast 0 Gramm Carbs, dafür aber viel Fett, was ihn schnell zur Kalorienbombe mutieren lässt.
Ihr wisst zwar bereits, dass ihr bei „guten“ komplexen Kohlenhydraten zugreifen dürft, aber das ist nur die halbe Miete. Denn neben der Art der Carbs, entscheidet auch das Timing darüber, ob eure gewünschten Erfolge zustande kommen – oder eben nicht. Zweimal täglich solltet ihr gezielt auf Kohlenhydrate setzen:
Warum es wirklich gut sein kann, abends keine Kohlenhydrate zu essen, erfahrt ihr übrigens hier.
Halten wir einmal kurz fest: Nahezu jedes Lebensmittel enthält Kohlenhydrate. Es gibt aber „gute“ Carbs, die euch beim Muskelaufbau und der Fettverbrennung unterstützen und gesund und leistungsfähig halten, und „schlechte“, die für Heißhunger und Extra-Kilos sorgen. Hier erfahrt ihr, welche Lebensmittel zu welcher Gruppe zählen und wie oft sie auf euren Tellern landen sollten:
Wer sich jetzt wundert, wieso Obst nicht unter den unbedenklichen Lebensmitteln landet: Die meisten Sorten enthalten größere Mengen an Fruchtzucker. Trotzdem ist Obst immer die bessere Wahl im Vergleich zu Müsliriegeln und Co.!
Auch interessant: Abnehmen: Welche Lebensmittel ihr meiden solltet.
Fassen wir zusammen: Carbs sind nicht gleich Carbs – ob sie ihren Ruf als Dickmacker und ungesunder Nahrungsbestandteil zu Recht oder zu Unrecht tragen, entscheiden drei Faktoren: Quantität, Qualität und Timing. Sofern ihr es nicht übertreibt und die richtigen Lebensmittel wie Haferflocken, Kartoffeln, Obst und Gemüse wählt und diese rund 50% eures täglichen Speiseplans ausmachen, müsst ihr euch keine Sorgen um eure Figur und Gesundheit machen. Bestenfalls greift ihr nach dem Workout und beim Frühstück zu – so habt ihr auch gleich die nötige Power für den Alltag!
Ich hoffe, ich konnte mit den zahlreichen Ernährungsmythen und Ängsten rund um Kohlenhydrate aufräumen und ihr fallt nicht mehr auf irgendwelche Versprechungen von Extremformen der Low Carb Diät herein!
Euer Prinz